Es war schon die Sonne aufgegangen, als der Schreiber ein Kratzen an der Tür zur Schrifthalle hörte. Das Kratzen hörte nicht auf und nun hörte er auch das zarte Winseln eines Hundes. Das Winseln weckte in ihm soweit das Mitleid, dass er aufstand und die Tür öffnete. Vor der Tür sass ein kleiner Hund, an dessen Halsband zwei Umschläge und ein Säckchen befestigt war. Er löste die Umschläge vorsichtig vom Halsband und las das Erste sich durch.

"Geehrter Schreiber,
anliegend übersende ich Euch ein Schreiben, dass Ihr bitte öffentlich bekannt machen sollt. Als Bezahlung für Eure Dienste habe ich einen kleinen Sack voll Gold beigefügt"

Der Schreiber nahm nun auch den kleinen Sack vom Halsband und streichelte zärtlich dem Hund übern Kopf, der daraufhin langsam davon trottete. Gemächlich ging der Schreiber nun zum Bekanntmachungsbrett und befestigte dort das zweite Schreiben. Als er es sich durchlas, schluckte er heftig und verdammte angesichts der letzten Erlebnisse den Tag, wo er beschlossen hatte, den Dienst in der Schrifthalle anzutreten.

WARNUNG!!!!!!

An die Erzzauberinnen Kira und Cassandra

Lange habe ich geschwiegen, doch nun ergeht als allerletzter Respekt Eurem Stand gegenüber eine Warnung an Euch. Zauberinnen schimpft Ihr Euch, Leute des Volkes, die dem Volk die Magie näherbringen?????

Ich klage Euch an, das Volk Höllentors verraten zu haben. Seltenst wurdet Ihr in den letzten Mondphasen dabei gesehen, wie Ihr Euch unter das Volk offen gemischt habt und den Leuten die Wunder der Magie näherbrachtet, was Euer Auftrag eigentlich ist. Nun ist es schon soweit, dass man über Euch als Legende spricht, statt von Euren wirklichen Taten zu erzählen. Man wundert sich darüber, wo Ihr Euch versteckt haltet, da man Euch seltenst nur noch zu Gesicht bekommt. Insgeheim fragt man sich hinter verdeckter Hand, ob Ihr verzauberte Zwergenfrauen seid, die Zuflucht in den versteckten Grotten dieser Welt gesucht haben.

Und wenn Ihr auftaucht, erscheint Ihr in prunkvollen Kleidern und weckt den Neid und die Missgunst des Volkes und sät so die Saat des Hasses. Finstere Wesen kommen nun als Eure Erben aus ihren Löchern und brauchen nur bruchstückhaft ihre Magie einzusetzen, da das Volk durch ihre Unkenntnis schon dadurch in Angst und Panik verfällt.

Ihr habt Euch des Verrates schuldig gemacht und ich fordere Euch auf, von eurem selbst gebauten Thron herabzusteigen und Euch auf Eure ursprünglichen Verpflichtungen zu besinnen. Sonst kann es sein, dass Euch auch irgendwann der Schatten einholt und dann werdet Ihr wie das Volk vor Euch alleine sein.

(anonym)

Der Schreiber erwachte, und er brauchte sich keine Sekunde über den Grund seinen Kopf zu zerbrechen...Vor dem Brett mit den öffentlichen Bekanntmachungen stand ein in zerschlissene rote Gewänder gehüllter Mann, und durch die ganze Schrifthalle hallte sein tiefes Gelächter.
Erst wollte der Schreiber zu ihm hingehen, und ihn um etwas mehr Ruhe bitten, doch dann erkannte er den vernarbten Mann...und als er auch bemerkte, welcher Anschlag diese Person anscheinend so ungemein aufheiterte, bevorzugte er es doch hinter seinem Schreiber Pult zu verweilen...bis die Person sich umwandte, und geradewegs auf ihn zu kam...

Monar konnte es nicht glauben, wer konnte so anmaßend sein ? Doch natürlich war der Anschlag nicht unterschrieben, wie er mit einem abfälligen Lächeln bemerkte.
Er dachte kurz nach, und entschied sich dann für den direkten Weg, er legte die kurze Distanz zum Pult des Schreibers, der leicht bleich wurde als sich Monar näherte, mit wehenden Gewändern zurück, und fixierte ihn mit dunklen, harten Augen, während er ihn ansprach...

Wer hat diesen Anschlag veröffentlicht ?
Der Schreiber wurde zusehends bleicher.
Ich...Ich weiss es nicht...
Monar sah ihm einige Sekunden lang starr in die Augen, dann zog er einen kleinen, aber prall gefüllten Beutel hervor, und ließ ihn langsam hin und her schwingen, dass der Inhalt klimperte...
Nun...?
Der Gesichtsausdruck des Schreibers wechselte verblüffend schnell von Schrecken zu Gier...
Er wurde mir nicht persönlich zugestellt...
Monars Mimik ließ den Schreiber kurz zurückschrecken, doch er redete hastig weiter...
Aber ich könnte es natürlich herrausfinden.
Gierig griffen die Hände des Schreibers nach dem Beutel, doch Monar hielt ihn noch kurz fest und sagte;
Ihr werdet noch einen von diesen Beuteln kriegen, wenn ihr mir den Namen nennt...
Der Schreiber nickte überhastet und ließ den Beutel schnell in seinem Pult verschwinden.

Monar maß ihn noch kurz mit einem verachtenden Blick, nahm dann ein Blatt Pergament aus seinem Rucksack und setzte die mit Tinte benetzte Feder auf.

Wer traut sich von Verrat zu sprechen, wagt es aber nicht seinen Namen zu nennen ?
Wer sieht sich selbst als Sprecher für den Willen oder die Meinung des Volkes ?
Wer meint ihr zu sein, dass eure Kenntnisse, eure Erfahrungen und eure Fähigkeiten euch erlauben, über die Taten, die Handlungsweise, den Auftrag und die Lebensweise von Erzzauberinnen zu urteilen ?
Wer glaubt, dass diese eine anonyme Warnung überhaupt ernst nehmen würden ?

Mal davon abgesehen, ich muss euch in jedem Punkt widersprechen. Diesen zwei Frauen verdanken viele all ihr Wissen über die Zauberei und viele haben durch sie erst die Zauberei kennen gelernt. Und wer von ihnen als Legende spricht, sollte sich einmal genauer umhören, er wird genug Menschen begegnen, die aus eigener Erfahrung von den großen Taten dieser zwei mächtigen Damen zu berichten wissen. Desweiteren solltet ihr bedenken, das niemand außer euch sich anscheinend auch nur anmaßt, die selbe Kleidung tragen zu wollen wie diese Beiden, ihr seid die einzige Person, die sich scheinbar mit ihnen auf eine Stufe stellt. Jedoch seid ihr gleichzeitig nicht in der Lage, euren Namen zu nennen.
Allen Menschen, die diesen Anschlag lesen, muss all Dies sofort ins Auge springen, und sie werden sich ebenso wie ich fragen, wer sich hinter diesen Anschuldigungen verbirgt.

Ich fordere euch offen auf, offenbart euren Namen und euren Stand, damit sich einjeder sein eigenes Urteil bilden kann.

gez
Monar

Als er diesen Brief fertig geschrieben hatte, und sein Schreibwerkzeug wieder zurück in den Rucksack gelegt hatte, hängte er ihn offen unter den Anschlag, und verließ darraufhin mit einem leichten Lächeln auf den Lippen die Schrifthallen...