Die Schrifthallen von Hells Gate » Hells-Gate RPG-Foren » Charakter-Profile » Helga
Der steile Weg und das Holpern des Karrens mußten Helga geweckt haben. Als sie ihre Augen öffnete, bot sich ihr das selbe Bild, wie schon an den 2 Tagen davor. Thomsen und Harold saßen auf der Holzbank ihr gegenüber und bewachten sie wie einen wertvollen Schatz. Angst war in ihren Augen zu lesen. Die Bewohner ihres Dorfes waren noch nie die Mutigsten gewesen. Doch sie war keine von Ihnen, jetzt nicht mehr....
Langsam zockelte der Karren, gezogen von 2 Rindern weiter den Berg hinauf. Bald schon würden sie ihr Ziel erreichen. Harold atmete bei dem Gedanken erleichtert auf. Zuviele Zweifel waren in ihm in den letzten Tagen aufgekommen. Immer wieder mußte er sich einreden daß es das Richtige und das Beste für das Dorf war.
Thomsen richtete seinen Blick besorgt auf Helga, die müde und abgezehrt auf der Bank lag. Vorsichtshalber kontrollierte er wieder einmal ihre Fesseln. Er wollte nicht daß sie ihr Schmerzen bereiten, doch er durfte auch kein Risiko eingehen.
"Hast du Hunger?" fragte er, und ärgerte sich dabei über den unfreundlichen Ton, den er angeschlagen hatte. Helga antwortete nicht. Sie würde nichts runterbringen, selbst wenn sie wollte.
Thomsen schien ihr schlechter Zustand zu mißfallen und da es schon zu Dunkeln began, beschlossen sie die Nacht im Freien zu verbringen. Sie waren sowieso einen Tag zu früh dran.
Vorsichtig hob er Helga vom Karren und löste ihr die Fesseln von den Händen und Füßen. Sie würde ja doch nicht weit kommen, dachte er sich und legte dabei ihren Arm um seine Schultern. Er mußte sie mehr tragen als stützen und es dauerte eine Weile bis sie wieder Leben in ihren Armen und Beinen fühlte. Schweigend gingen sie so ein Stückchen in den Wald hinein. Thomsen suchte nach Worten um sie aufzumuntern, doch nichts schien ihm passend. " Sie ist doch erst 15" dachte er vorwurfsvoll zu sich selbst und starrte dabei nachdenklich auf den Boden. Kurz kam ihm der Gedanke sie einfach laufen zu lassen, doch schnell verdrängte er dies wieder. Es mußte sein!
Prüfend richtete er seinen Blick auf Helga und ließ sie dann langsam los. Sie schien kräftig genug um selber zu gehen.
"Komm!" befahl er ihr und legte gleichzeitig eine Hand auf seine Waffe. Sovieles wollte er ihr sagen, doch er brachte kein Wort heraus. Jede Entschuldigung , jede Rechtfertigung wäre in diesem Moment einfach lächerlich gewesen.
Als die beiden zurück kamen hatte Harold schon ein Lagerfeuer entzündet und ein kleiner Hase bruzelte über dem Feuer. Sachte drückte Thomsen Helga auf den Boden und legte ihr mit einem entschuldigenden Blick wieder Fesseln an. Ihre einzige Gegenwehr waren die Tränen, die über ihre Wange rollten und ein leises Schluchzen, welches den beiden Männern wohl ewig in Erinnerung bleiben würde.
Als die Nacht vorbei und alle ausgeruht waren, ging die Fahrt weiter. Schweigend.
Von weitem schon sah man das riesige Lager der Koriin. Das Lager bestand lediglich aus Zelten und Gehegen, welche binnen ein paar Stunden komplett abgebaut und woanders wieder aufgebaut werden konnten. Dieses Lager bewohnten mindestens 100 wenn nicht sogar 200 erfahrene, starke Krieger. Nur wenige Frauen waren zu sehen, die meisten waren zusammen mit den Kindern in einem zweiten Lager.
Koriin, so nannten sie sich, ein Volk daß immer in Bewegung und kaum auffindbar war. Es war kein blutrünstiges Volk, jedoch nahmen sie sich das was sie brauchten und Widerstand wurde nicht geduldet!
Der Anführer der Koriin war Sekodan, ein älterer, aber weiser Anführer, dem alle Krieger sogar bis in den Tod folgen würden.
Als Thomsen und Harold mit Helga eintrafen, trat Sekodan sogleich an sie heran. Eindringlich musterte er die drei und blieb dann schließlich mit seinem Blick an Helga hängen. In ihren Augen konnte er ihre Angst ablesen, auch wenn sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Zufrieden nickte er den beiden Männern zu.
"Wie ich sehe, habt ihr unsere Forderungen erfüllt.
Richtet eurem Anführer aus, sollte er es nocheinmal wagen sich gegen uns zu stellen, wird dies zu härteren Konsequenzen führen, als diese. " Sein Kopf deutete dabei auf Helga.
"Und nun geht mir aus den Augen!"
Sekodans Krieger nahmen Helga in Gewahrsam und ihre beiden Begleiter machten sich ohne sich nocheinmal umzudrehen schleunigst aus dem Staub.
Dann wurde sie von ihren Fesseln befreit und in das Zelt des Anführers gebracht.
Es war ein gewöhnliches Zelt, ausgelegt mit Teppichen und Pölstern die zum Sitzen dienten. Lediglich an den Wänden hingen ein paar prachtvolle Waffen.
Sekodan saß auf einem der Pölster und musterte nun Helga sorgfältiger. Was er sah, schien ihm zu gefallen denn er deutete Helga sich ebenfalls zu setzen. Auf einen Wink Sekudans hin, wurden allerlei Speisen und Getränke aufgetragen. Mit einem freundlichen Lächeln nickte er Helga, die zusammengekauert und ängstlich vor ihm saß.
"Greif zu" sagte er dann und fing an zu essen.
Erst als Helga in eine Hühnerkeule biss, bemerkte sie wie hungrig sie eigentlich war. Gierig verschlang sie alles was ihr unter die Finger kam bis sie endlich satt war. Sekudan beobachtete sie die ganze Zeit und schien dabei über sie nachzudenken. Sie erinnerte ihn so stark an seine eigene, verstorbene Tochter, daß es ihm fast schon weh tat sie anzusehen. Doch auch eine seltsame Zufriedenheit fühlte er in ihrer Nähe. Gerade so als wäre es seine Tochter, die da schüchtern vor ihm saß.
Dann fing er langsam an zu sprechen:
"Nun Helga, ich habe mich entschieden. Du bist hier aufgrund eines Fehlverhaltens deines Dorfes.
Wenn ich es gewollt hätte, würde keiner deiner Leute mehr leben. Jedoch bin ich das Blutvergießen langsam satt. Darum bist du hier. Du mußt für das Verhalten deiner Leute bezahlen! Aber keine Angst, du wirst nicht sterben.
Du kannst dich hier im Lager frei bewegen, niemand wird dir etwas tun, dafür garantiere ich. Solltest du aber versuchen zu fliehen, wirst nicht nur du bestraft, sondern auch dein gesamtes Dorf.
Ich weiß du bist wütend und enttäuscht über deine Leute, aber sie haben richtig gehandelt.
Wenn du möchtest, kannst du hier viel lernen, aber vergiss nie daß du unsere Gefangene bist.
Mein Sohn Athlan wird sich um dich kümmern, er bildet unsere Krieger aus und wenn du erst einmal eine gute Kämpferin bist, hast du die Möglichkeit dich unserem Volk anzuschließen, als freie Kriegerin."
Mit einer Handbewegung deutete er zum Zelteingang, wo gerade ein junger Krieger auftauchte.
"Folge meinem Sohn, er wird dir dein Zelt zeigen" sagte er in strengem Ton, doch als die beiden verschwunden waren lächelte er zufrieden.
Athlan, 24, stattlich und stark, beobachtete mißmutig Helga die neben ihm herging. Helga mochte ihn auf Anhieb nicht und auch er schien eine gewisse Abneigung gegen sie zu spüren. Schweigend gingen sie zu dem Zelt, das von nun an ihr neues Heim war. Athlan ärgerte sich über seinen Vater, so ein junges zierliches Ding zu einer Kriegerin ausbilden? Wahrscheinlich konnte sie nichteinmal ein Schwert halten und noch dazu eine Frau. Frauen kämpfen nicht! Wütend ballte er die Fäuste und fuhr sie dann unfreundlich an.
"Morgen um 6 beginnt dein Training, sei pünktlich und ich will keine Ausreden hören!"
Mit den Worten drückte er ihr eine Waffe in die Hand und schritt dann schnurstracks davon.
Obwohl viele Gedanken in Helgas Kopf rumschwirrten, schlief sie diese Nacht tief und fest. Sie war von der Reise so erschöpft daß sie sich nur noch auf ihr Bett warf und gleich einschlief.
Pünktlich um 6 Uhr in der Früh stand sie am Trainingsplatz. Athlans Laune schien sich etwas gebessert zu haben, denn er grüßte sie mehr oder minder freundlich.
"Wo ist deine Waffe?" fragte er sie und seine Mine verfinsterte sich plötzlich. Erst jetzt fiel Helga auf daß sie sie im Zelt liegen gelassen hatte.
"Ich hab sie vergessen!" fauchte sie ihn trotzig an.
Athlan sah aus als würde er sie am liebsten gleich anspringen wollen.
"Vergessen?? Ein Krieger vergißt seine Waffe nicht! Es sei denn er will sterben!!" bei den Worten zog er blitzschnell sein Schwert und Helga spürte die kalte Klinge an ihrem Hals. Wütend starrte sie ihn an.
"Hol sie" zischte er.
Das Training war hart und Helga noch geschwächt. Sie gab sich die größte Mühe, doch Athlan schien nie zufrieden zu sein. Immer wieder mußte sie gegen ihn kämpfen und seinem Schwert ausweichen.
Erst als sie ihre Kräfte verließen und sie zu Boden sank, beendete er die Übung.
"Morgen zur selben Zeit, sehen wir uns wieder" sagte er zufrieden und half ihr dabei hoch. Verwundert über seine Hilfe sah sie ihn an und entdeckte das erste mal etwas freundliches in seinen Gesichtszügen. Doch der Ausdruck verschwand so schnell wieder wie er gekommen war.
Zwei Jahre waren nun vergangen, Sekudan liebte Helga wie seine eigene Tochter. Studenlang konnte er ihr beim Training zusehen oder sich einfach nur mit ihr unterhalten.
Helga hatte sich gut eingelebt, sie verstand sich mit den meisten und keiner sah sie mehr als eine Gefangene. Sie hasste Athlan zwar, aber er war ein guter Ausbilder und er behandelte alle gleich. Er schien zwar nie zufrieden mit ihr, jedoch hatte sie einige Fortschritte gemacht. Konnte sie anfangs kaum mit einer Waffe umgehen, so konnte sie sich jetzt wenigstens im Schwertkampf verteidigen und auch mit dem Bogen hatte sie umgehen gelernt.
Als sie Athlan einges Tages wieder einmal runtergemacht hatte, hielt sie es nicht mehr länger aus. Wütend, mit Tränen in den Augen stürmte sie in ihr Zelt, kramte ihre Sachen zusammen und wartete bis es dunkel wurde. So leise wie möglich schlich sie sich an den Zelten vorbei. Sie hatte Glück, die meisten Krieger waren im Gemeinschaftszelt beim abendlichen Trinken und Würfelspielen und die Frauen des Dorfes schliefen wie immer schon längst.
An den Wachen vorbei kommen war kein leichtes Unterfangen, doch auch dies gelang ihr mit etwas Glück. Sie waren gerade miteinander in einem Gespräch vertieft, so daß sich Helga einfach vorbeischleichen konnte.
Schnell rannte sie durch den Wald, solange bis sie erschöpft Halt machte. Ihr Ärger über Athlan war längst verflogen und sie fragte sich ob sie das richtige getan hatte. Doch jetzt war es sowieso zu spät.
Es war bereits um die Mittagszeit als sie aufwachte.
"Wieso bist du einfach gegangen?" fragte eine ihr wohlbekannte und so verhasste Stimme. Ruckartig richtete sie sich auf und starrte ihn an. Es war Athlan, er hatte sie gefunden!
Vorwurfsvoll sah er sie an und sie funkelte zornig zurück.
"Wenn du mich willst, dann kämpfe!" brüllte sie und zog ihr Schwert. Athlan machte keine Anstalten sein Schwert zu ziehen, sondern sah sie nur ruhig an. Dann redete er sanft auf sie ein:
"Helga, wenn du gehen willst, dann gehe, du hättest es mir sagen können, ich hätte dich nicht aufgehalten und Vater auch nicht. Du bist für ihn wie eine eigene Tochter, er wird dich vermissen, aber er wird dich gehen lassen. Sieh dir die Welt an, du wirst sie kennen und hassen lernen und wenn du zurück willst, werden wir dich finden. Du wirst immer einen Platz bei uns haben. Geh und mach deine eigenen Erfahrungen,. Du bist frei!"
Leise fügte er noch hinzu: "Du wirst mir fehlen"
Helga starrte ihn völlig überrascht über seine Worte an, dann ließ sie langsam ihr Schwert sinken.
Eine kurze Umarmung und er war fort.
So machte sie sich auf den Weg. Eine paar Wochen wanderte sie umher, bis sie schließlich in eine Stadt namens Cove kam. Angewidert von den Leuten dort, wendete sie dieser Stadt allerdings sofort den Rücken zu und zog weiter.
Schlussendlich traf sie in Britain ein, wo sie beschloss eine Weile zu bleiben.
Ein halbes Jahr lebte sie nun schon dort, hatte ihr eigenes kleines Häuschen und war Mitglied in einem Orden. Der Orden des roten Mondes. Zusammen kämpften sie für das Gute. Ihr Anführer war Ciro Theramon, ein Ritter zu Ehren Palas. Anfangs fand Helga ihn ziemlich unfreundlich und mochte ihn nicht besonders. Bis er ihr eines Tages seine Liebe gestand. Von da an waren die beiden zusammen und Helga war sehr glücklich mit ihm.
Doch auch schwere Zeiten brachen über sie herein. Die Bedrohung der Orks und der Bewohner aus Cove wurde immer stärker. Oftmals wünschte sich Helga zurück ins Koriin -Lager, wo es noch echten Zusammenhalt gab. Wäre da nicht Ciro, hätte sie vielleicht schon längst der Versuchung auf die Gegenseite zu wechseln nachgegeben. Doch sie liebte ihn und konnte sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen.