Eine in blutrote Gewänder gehüllte Gestalt saß auf dem Rand einer hohen Klippe am
Meer, und dachte nach. Monars Augen lagen tief in seinen Höhlen, und dunkle Linien
zogen sich durch sein junges Gesicht...

Die letzten Wochen zogen wie Schatten an ihm vorbei...eine Bilanz seiner Niederlagen...
Immer, wenn er etwas anpackte schien es schief zu gehen...

Da war dieser Mann in einer Altkupferplate gewesen, der seinen Namen kannte, und
ihn auf dem Friedhof in Britain überfallen hatte...trotz seiner Künste hatte Monar
nicht entkommen können, und wurde zu Tode gehetzt, als sein Hab und Gut verlangt
wurde...

Sein Körper am äußersten Rand der Klippe erschauerte, als die Erinnerungen an die
Schmerzen ihn überkamen. Aber es gelang ihm, sich wieder unter Kontrolle zu
bringen...

Oder der, der ihn mit einem Bogen über den Marktplatz Coves gejagt hatte...nur durch
eine glückliche Fügung des Schicksals hatte er überlebt nicht durch sein können, denn
der Mann machte plötzlich kehrt, rannte davon, und ließ Monar schwer verwundet zurück...
Er wäre zu langsam gewesen, um davon zu rennen, und zu schwach, um den Kampf zu
überstehen...

Langsam zog Monar mit klammen Fingern ein Buch aus seinem Rucksack. Es war in
herrvoragendem Zustand, und man sah ihm an, das es gut gepflegt wurde. Mit zitternden
Fingern blätterte er es durch. Er sah seine eigene Schrift, wie er die komplizierten
Formeln und Kräuter-Zusammenstellungen sorgfältig in das Buch eingetragen hatte, und
er dachte daran, wie er es bis jetzt gehütet hatte, als seinen größten Schatz...

Dann vor kurzem, dieser Magier vor Covetus...es hatte einen heftigen Streit gegeben,
einen Streit um eine Frau, die er geglaubt hatte zu lieben und die ihm eigentlich sehr
geholfen hatte...Doch als Monars Seele dann seinen Körper verließ, war die Frau mit dem
Magier gegangen, ohne ein weiteres Wort zu sagen...sie hatte Monar verraten, als sie
seine Schwäche sah...

Er war kürzlich zum Gesellen gemacht worden, aber war er es überhaupt wert ?
Würde sein Meister diese Schwäche überhaupt tolerieren ?
Oder war er bereits die längste Zeit Geselle gewesen ?
War er nur ein Spielzeug des Dämons, der ihm einst eine Vision geschickt hatte ?
Genauso, wie er ein Spielzeug der Frau gewesen war ?

Sein Meister...er würde es als persönlich Schwäche ansehen...und er verabscheute
Schwäche...

Monars streckte seine Hände mit dem Buch langsam über den Rand der Klippe. Seine
Fingerknöchel wurden weiß, als sie sich verkrampften...Er beugte sich langsam vor...

Aber da war noch jemand, seine Gedanken wanderten zu ihr...
Er hatte sie um Hilfe gebeten, als ihn die Vision quälte...Er wusste jetzt noch nicht,
was ihn dazu bewogen hatte, das zu tun...Jemanden um Hilfe zu bitten, den er kaum
kannte...Ein weiteres Zeichen von Schwäche ? Andererseits hatte er bei ihr irgendwie ein
gutes Gefühl, irgendwie strahlte sie etwas beruhigendes aus...Ruhe, die er schon so
lange nicht mehr hatte, seit dieser Vision...Er hatte bereits lange Gespräche mit ihr
in ihrer Taverne geführt, und das Thema war ihr nicht fremd...Götter, Dämonen und ihre
Gaben und Flüche...Und er dachte an den von ihr gesegneten Dolch, den er immer noch
aufbewahrte...

Aber würde sie nicht genauso seine Schwäche verurteilen ?
Würde sie ihn nicht einfach wegjagen ?
Ihn, der sich nicht einmal selbst helfen konnte ?

...und sackte dann wieder zusammen, das Buch fest an sich gepresst. Er konnte es
nicht...Er schalt sich in Gedanken selbst einen Narren, der nicht von etwas lassen
konnte, was er nicht beherschte und was nur seine eigene Schwäche offenbarte...Er schaute
nachdenklich aufs Meer hinnaus, und als er zum Horizont starte, fing er an zu lachen,
und gleichzeitig rannen ihm Tränen über das junge Gesicht...